Totenfürsorge
Totenfürsorge
Das Totenfürsorgerecht umfasst Entscheidungen des Totenfürsorgeberechtigten über die Bestattung der Leiche, insbesondere die Bestimmung der Art und des Ortes der Bestattung, die Gestaltung des Grabmals und der Grabpflege, die Entscheidung über eine etwaige spätere Umbettung der sterblichen Überreste bzw. der Urne etc. (BGH, FamRZ 2016, 301, Rn. 12; NJW 2012, 1651, Rn. 10; BGHZ 191, 325, Rn. 12; OLG Frankfurt, NJW-RR 1989, 1159; Kammergericht, FamRZ 1969, 414, 415).
Das Totenfürsorgerecht ist ein sonstiges Recht im Sinn von § 823 Abs. 1 BGm in Verbindung mit Art. 1 des Grundgesetzes,, das im Falle seiner Verletzung Ansprüche auf Schadensersatz sowie Ansprüche auf Beseitigung/Rückbettung, Unterlassung von Beeinträchtigungen und Schmerzensgeld auslösen kann (Grüneberg/Weidlich, BGB, 81. Auflage 2022, Einleitung vor 1922, Rn.12; OLG Naumburg, FamRZ 2016, 1106, Rn. 7; OLG Karlsruhe, NJW 2001, 2808; OLG Frankfurt, NJW-RR 1989, 1159; Bundesverfassungsgericht, NJW 2017, 947, Rn. 14; NJW 1994, 783).
Beherrschender Grundsatz des Totenfürsorgerechts ist die Maßgeblichkeit des Willens des Verstorbenen (BGH, NJW-RR 1992, 834). Dieser kann nicht nur die Art und Weise seiner Bestattung sowie den Ort der letzten Ruhestätte, sondern auch diejenigen Personen bestimmen, die er mit der Wahrnehmung des Totenfürsorgerechtes betraut (BGH, NJW 2012, 1651, Rn. 10, 15; BGHZ 1991, 325, Rn.11; NJW-RR 1992, 834; NJW-RR 1992, 834; FamRZ 1978, 15). Für die Ermittlung des maßgeblichen Willens des Verstorbenen kommt es nicht nur auf dessen ausdrückliche Willensbeurkundungen an, sondern es genügt, wenn aus den Umständen mit Sicherheit auf den Willen des Erblassers geschlossen werden kann (BGH, NJW 2012, 1651; Rn. 15; NJW-RR 1992, 834; FamRZ 1978, 15).
Der vom Verstorbenen für die Totenfürsorge Berufene ist berechtigt, den Willen des Verstorbenen notfalls auch gegen den Willen (weiterer) Angehöriger zu erfüllen (BGH, NJW-RR 1992, 834).
Wenn und soweit der Wille des Verstorbenen über seine Bestattung nicht erkennbar ist, kann der Totenfürsorgeberechtigte über die Art der Bestattung entscheiden und den Ort der letzten Ruhestätte auswählen (BGH, NJW 2012, 1651, Rn 10; NJW-RR 1992, 834; FamRZ 1978, 15; BGHZ 61, 238).
Hat der Verstorbene keine Person für seine Totenfürsorge bestimmt, steht gemäß Gewohnheitsrecht das Recht zur Totenfürsorge den nächsten Angehörigen in einer bestimmten Reihenfolge zu. Die nächsten Angehörigen sind zunächst der Ehegatte des Verstorbenen, dann die Kinder des Verstorbenen und dann weiter entfernte Verwandte (Grüneberg/Weidlich, aaO, Rn. 9; OLG Karlsruhe, NJW 2001, 2980, Rn. 22).
Ein Umbettungsverlangen wird durch die Rechtsordnung nur dann anerkannt, wenn ganz besonders dringliche, sittlich gerechtfertigte Gründe vorliegen, die die Störung der Totenruhe rechtfertigen (OLG Oldenburg, FamRZ 2005, 1124; OLG Zweibrücken, FamRZ 1993, 1493; LG Ulm, Urteil vom 20.01.2012, Az: 2 O 356/11).
Bestattungsrechtlich wird der Begriff der Totenruhe aus Artikel 1 des Grundgesetzes und der Würde des Menschen abgeleitet als unmittelbare Ausprägung der postmortalen Menschenwürde. Im Mittelpunkt steht dabei vor allem das der Leichnam oder die Asche nicht unnötig bewegt bzw. verlagert werden.
In der Regel werden Grabnutzungsverträge mit Friedhofabteilungen von Gemeinden abgeschlossen, in denen ein Grabnutzungsrecht auf dem jeweiligen Friedhof für eine bestimmte Zeit (Ruhezeit) vereinbart wird. Der Umfang des Grabnutzungsrechts, die Zeitdauer des Grabnutzungsrechts und die Rechte und Pflichten des Grabnutzungsberechtigten werden in der Regel durch Satzungen der Gemeinden definiert. Die Satzungen sehen üblicherweise vor, welcher Verwandte Rechtsnachfolger eines Grabnutzungsberechtigten werden und in welcher Reihenfolge, wenn dieser seinen Rechtsnachfolger im Hinblick auf das Grabnutzungsrecht nicht bestimmt hat. Sind der Grabnutzungsberechtigte und der Totenfürsorgeberechtigte nicht dieselben Personen, kann es zu Streitigkeiten zwischen Beiden kommen.
Tegernsee, den 8.7.2023