Spendenabzug des Stifters bei Gewährung eines Darlehens einer gemeinnützigen Stiftung an den Stifter im Zusammenhang mit einer Spende kann rechtmäßig sein
(BFH, Urteil vom 26.04.2023, Der Betrieb 2023, 2541)
I. Sachverhalt
Der Kläger gründete im Jahr 2011 eine als gemeinnützig anerkannte rechtsfähige Stiftung, deren Grundstocksvermögen satzungsgemäß jederzeit durch Zustiftungen erhöht werden kann. Der Stiftungsvorstand bestand aus dem auf Lebenszeit bestellten Kläger und seiner Lebensgefährtin.
Der Kläger spendete der Stiftung Ende 2011 zweimal jeweils einen Betrag von EUR 200.000 mit dem Verwendungszweck „Einlage Vermögensstock“. Hierfür stellte die Stiftung eine vom Kläger unterzeichnete Spendenquittung aus.
Anschließend gewährte die vom Kläger vertretene Stiftung dem Kläger in zwei schriftlichen Verträgen verzinsliche Darlehen mit einem Zinssatz von 3,5 % über jeweils EUR 200.000, die der Kläger für einen Immobilienerwerb verwenden wollte und die am 01.01.2022 zurückzuzahlen waren. Eine vorzeitige Rückzahlung war zulässig.
Der Kläger hatte der Stiftung Grundschulden an noch zu erwerbenden Immobilien einzuräumen. Bis zu deren Eintragung wurde die Stiftung teilweise durch Abtretung von Fondsbeteiligungen und Lebensversicherungsansprüchen des Klägers abgesichert. Letztlich wurden für die Stiftung an Immobilien des Klägers zwei Grundschulden von jeweils EUR 150.000 eingetragen, allerdings nur im 2. Rang. Die Übergangssicherheiten wurden im Oktober 2013 wieder freigegeben. Die Einzelheiten zur Sicherung sind streitig geblieben und vom Finanzgericht nicht ermittelt worden worden.
Das Finanzamt ließ im Einkommensteuerbescheid 2011 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung die an die Stiftung gezahlten EUR 400.000 zunächst als Vermögensstockspende (§ 10 b Abs. 1a EStG) zum Abzug zu. Nach einer Außenprüfung versagte das Finanzamt mit geändertem Einkommensteuerbescheid für 2011 den Spendenabzug wegen des engen Zusammenhangs mit den gegenläufigen Darlehensgewährungen. Einspruch und Klage blieben erfolglos, da die Zahlung nicht unentgeltlich erfolgt sei. Der Kläger hat im Klageverfahren vorgetragen, er habe im Oktober einen Teilbetrag von EUR 100.000 vorzeitig zurückgezahlt. Das Finanzgericht hat hierzu aber keine Feststellungen getroffen.
1. Entscheidung des BFH
Der BFH gab der Revision des Klägers statt und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das Finanzgericht zurück.
2. Begründung des BFH
Der Umstand, dass eine Stiftung eine in ihren Vermögensstock geleistete Spende dem Spender in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Spende als verzinsliches Darlehen wieder zur Verfügung stellt und mit den Zinserträgen ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke fördert, stehe einem Spendenabzug nicht entgegen, soweit besondere Voraussetzungen erfüllt sind.
Eine Spende sei nur dann eine Spende, wenn der Spender unentgeltlich gehandelt habe, also ohne eine Gegenleistung erhalten zu haben. Eine solche Gegenleistung liege nicht vor, wenn die Stiftung dem Spender den Stiftungsbetrag in fremdüblicher Weise ein Darlehen gewährt. Fremdüblich seien Darlehen zwischen der Stiftung und dem Spender, wenn
- die Grundsätze der Stiftung für die Anlage von Mitteln ihres Vermögensstocks eingehalten wurden,
- der Stifter keine Gegenleistung erhalten hat, und
- das Darlehen zu fremdüblichen Bedingungen gewährt und vertragsgemäß durchgeführt wird; insbesondere müssen die Zinsen üblich sein und das Darlehen muss abgesichert werden.
Nicht entscheidend sei, dass die Liquidität des Stifters durch das Darlehen unverändert geblieben sei, sondern die Umwandlung Eigenmittel des Spenders in verzinsliches, zurückzuzahlendes Fremdkapital der Stiftung..Die Darlehensgewährung könne schon deswegen keine Gegenleistung für die Spende sein, weil mit dem Darlehensvertrag ein ausgewogenes gegenseitiges Geschäft vorliege.
Der BFH vergleicht den vorliegenden Sachverhalt mit anderen Fällen, u.a. mit folgenden Fällen:
Der Sachverhalt sei vergleichbar mit dem Abschluss eines fremdüblichen Anstellungsvertrages oder Mietvertrages zwischen einer Stiftung und einem ihrer Vorstandsmitglieder, der der Stiftung Geld zugewendet habe.
Nach Auffassung des BFH ist der vorliegende Fall nicht mit einer Schenkung der Eltern an ihre Kinder vergleichbar, wenn die Kinder die geschenkten Beträge in Form eines Darlehens an die Eltern zurückzahlen. Die Beziehungen zwischen einer Stiftung und dem Stifter sei nicht mit der Beziehung zwischen Eltern und ihren Kindern vergleichbar, da die Stiftungsaufsicht darüber wachen würde, dass das Vermögen der Stiftung von dem Vermögen des Stifters endgültig getrennt sei. Ein vergleichbarer Schutz durch eine unabhängige Institution gebe es im Verhältnis zwischen Eltern und Kinder regelmäßig nicht.
Mit diesem Urteil weicht der BFH von einem früheren Urteil vom 22.8.2019, GmbH-StB 2020, 8 ab, in dem einer gGmbH die Gemeinnützigkeit aberkannt wurde, weil die gGmbH verzinsliche Darlehen an eine Gesellschaft getätigt hatte, die ihren Gesellschaftern und Spendern nahe stand. Begründung des BFH: der Sachverhalt sei nichtdeckungsgleich mit dem vorliegenden Fall, lässt aber offen, warum ein Unterschied zwischen beiden Sachverhalten vorliegen soll.
Fazit: Gewährt eine gemeinnützige Stiftung dem Stifter ein Darlehen, das ebenso hoch ist wie die Spende, im Zusammenhang mit der Spende, steht dem Spendenabzug nichts entgegen, wenn der Darlehensvertrag fremdübliche Bedingungen enthält.
Tegernsee, 15.11.2023